Mittwoch, 20. April 2011

Aus dem Alltag II

Die Tage hier sind recht kurz. Um 18h ist es bereits stockdunkel. Dafuer ist es umso frueher hell. Und so schlafen unsere Kinder morgens nur bis etwa 6h. Trotzdem schlafen sie erst um 20h, das gibt immer eine Stunde weniger als normal, und gegen Abend merkt man das gelegentlich... Inzwischen haben wir uns an die Voegel gewoehnt, ich bin zuvor immer um 5h mit den ersten Vogelschreien aufgewacht. Sie sind wirklich laut (vor allem die kleinen gruenen Papageien) und nicht so fein und unaufdringlich wie die Schweizer Kohlmeisen.

Oatmeal
Nach einem Monat in Yap mit schlampigem Toastbrot zum Zmorge entdeckte Felix zurueck in Guam, dass es dort im McDonalds zum Zmorge Mueesli gibt. Also gings am naechsten Morgen dorthin. Ich war total beeindruckt, es wurde naemlich frisch, mit frischen Fruechten, zubereitet. Zwar jede Portion aus einem eigenen Beutel und das kochende Wasser aus dem Hahnen, aber immerhin... Die Kinder mochten es nicht (da fuer sie ohne Zucker), Felix (mit Zucker) umso mehr. Die Idee war geboren: Jetzt gibts bei uns regelmaessig Oatmeal (oder Porrigde, also warm) mit etwas Zucker und Fruechten. Weil die Haeuser hier weder Heizung noch Isolation haben, ist es super, den Tag mit einer warmen Mahlzeit zu beginnen. (Nur ich mag es nicht, mich erinnert es zu sehr an Haferschleim.)

Komische Leute
Wenn wir zuhause sind, haben wir meistens ein kleineres Ziel pro Tag im Visier: ein Park, die Innenstadt, ein Museum, ein Spielplatz. Da haben wir schon ganz spezielle Leute getroffen. Hier ein paar Muesterchen:
Als wir an der Bushaltestelle auf den Bus warteten, zankten eine wirklich dicke, haessliche (wie sie hier nicht ganz selten sind) und eine aufgetackelte Frau darueber, ob Erstere beim Parkieren ueber den Holzbalken (wahrscheinlich eine Abgrenzung) der Anderen gefahren ist oder nicht. Lautstark, wie in einer amerikanischen Talkshow...
Flurin und Livio kraxelten auf einem "Geldstueck-Auto" vor dem Einkaufsladen rum. Einmal kam eine Frau auf mich zu, weil Livio auf dem Dach sass. Zuerst dachte ich, man duerfe nicht klettern (das wahrscheinlich schon auch), aber die Frau hatte total Angst, dass er hinunterfallen koennte. Das naechste Mal schaerfte ich ihnen also ein, nicht zu klettern. Ploetzlich kam eine Frau auf mich zu und fragte mich im vollen Ernst, ob meine Kinder ihr vielleicht ihre Chips geklaut haetten...
Als Felix die Verkehrspatrouille am Fussgaengerstreifen vor dem Schulhaus fotografieren wollte, die den Kindern nach der Schule jeweils den Weg ueber den einzigen Fussgaengerstreifen unseres Quartiers freigibt, poebelte ihn eine entruestete Mutter aus dem Offroader an, ob er da Kinder fotografiere. Wir wohnen in einer Neighbourhood-Watch-Zone...
Kuerzlich beim Einkaufen, war Felix am Milch aussuchen. Da kam eine Angestellte aus heiterem Himmel zu ihm und wollte ihm zwei einzelne Joghurt andrehen, die eigentlich zusammen gehoerten, weil sie aber jemand auseinandernahm (nicht Felix!), bekaeme er sie guenstiger. An Joghurt waren wir leider nicht interessiert...

Flying Foxes oder Flughunde
Diese findet man in einem Park, nicht allzu weit von uns. Sie machen einen hoellischen Laerm, und es stinkt ziemlich. Felix und ich waren total fasziniert, die Kinder haben sie nach zwei Minuten gesehen... Eigentlich erstaunlich, dass dieser Platz nicht vermaktet wird, fuer alle Europaeer waere das doch sicher einen Ausflug wert

Geld finden
Flurin ist unser Spezialist (das habe er von Felix geerbt...), diese Muenzen hortet er gut und ueberlegt sich exakt, was er ausgeben will und was er danach noch ueberig hat. In einem Laedeli hat er dann lange verhandelt und hin und her ueberlegt. Die Frau im Laedeli war eine Asiatin, fand es total herzig und hatte entsprechend Geduld. In der Zwischenzeit vermuten wir, dass in Asien bzw. China Zwillinge wohl Glueck bedeuten. Dass die Asiaten auch hier so wahnsinnig auf unsere Buben reagieren und oft die Zwillingsfrage stellen, veranlasst uns zu dieser Annahme.

Sprache
Ich staune, wie gut ich mit Englisch zurecht komme. Immerhin habe ich seit meiner Matura kaum mehr gesprochen. Zu sehen, dass ich mich sehr gut verstaendigen kann (ohne Ruecksicht auf Grammatik), dass ich Buecher lesen kann (ich durchforste Tracys Bibliothek - und habe Zeit dazu!!!), freut mich. Nur am Telefon, wenn die Verbindung nicht so gut ist, und mein Gegenueber so schnell spricht, finde ich es nach wie vor schwierig.
Flurin kann sein Englisch gut anwenden (wenn er dann mal Gelegenheit hat, ist er ganz mutig), schnappt Wendungen auf (beim Spielen "it's your turn" oder "it's my go", beim Basteln "look at me") und auch Livio bekommt viel mit. Er sagt "thank you" und " it's very, very good" nur noch in Englisch.

Bastelwut
Jeden Tag gehoert basteln dazu. Livio und Flurin zeichnen, schnipseln und kleben wie die Wilden. Zuerst haben wir gedacht, dass das die Entzugserscheinungen von unserer Mikronesienreise sind. Aber es nimmt nicht ab. Sie sind absolute Schnellbastler und Schnellverbraucher. Nachdem wir festgestellt haben, dass wir nach einer Woche von 500 nur noch etwa 250 Blaetter haben, haben wir zeitweise hart rationiert. Pro halbe Stunde ein Blatt :-) So gesehen war die speziell fuer Kinder konzipierte Dino-Ausstellung ideal: Sie konnten im Sand buddeln und pinseln, es hatte Riesenpuzzles, sie konnten kneten und eine Maske basteln (ohne Materialrationierung). Die Person im Dinosaurierkostuem mit "echten" Geraeuschen, sicher 3 Meter hoch, mal anschmiegsam, mal zum Fuerchten war das Highlight. Livio wollte nicht zu nahe gehen, Flurin ist ihm mutig auf die Fuesse getreten...
Weil hier Ferien sind, gibt es viele Aktivitaeten speziell fuer Kinder - wirklich cool!

Heimweh
Ich vermisse vor allem unseren Garten. Zu sehen, was blueht, was wir im letzten Jahr gepflanzt haben, waere schoen. Auch vermisse ich unsere Nachbarschaft in Kappel. Vor allem, wenn Tracy uns begeistert mailt, dass die Nachbarskinder klingeln und Chloe abholen kommen. Der Kontakt im Quartier fehlt uns schon ein bisschen. Wir haben studiert, was denn hier anders ist: Nachbarschaftliche Kontakte scheinen nicht so verbreitet zu sein - kein Wunder, wenn man das Haus nur verlaesst, um mit dem Auto fortzufahren. In den Quartierstrassen gilt Tempo 60, ueberall am Strassenrand sind Autos parkiert, das macht es extrem unuebersichtlich, so dass die Kinder nicht einfach aus dem Haus gehen und sich treffen koennen. Die Muetter verabreden sich bei einem Spielplatz und fahren dann je ihre Kinder dorthin.
Bezueglich Geige: Das Unterrichten vermisse ich nicht, das Orchesterspiel hingegen manchmal schon.
Felix studiert auch hier immer die Wetterprognosen und ist manchmal frustriert, dass der zeitweilige Dauerregen hier und das Tropische Wetter zu Hause ist.
Flurin und Livio reden oft von ihren Gschpaenli zu Hause und integrieren sie in ihre Rollen- oder Gedankenspiele. Livio hat heute morgen zu unserem Erstaunen gesagt, er sei noch nie bei Goetti Christian gewesen, er wisse gar nicht, wie es dort aussieht. Mit ein paar gezielten Fragen (wo hat Lora ihr Plaetzchen? welche Farbe hat die Kueche?) kamen dann die Erinnerungen schnell zurueck.

Ausblick
Anfang naechste Woche fahren wir in den Norden. Noosa und Frazer Island sind unsere Ziele. Wir hoffen, dort ein paar Tiere zu sehen, womit wir bisher noch nicht angeben koennen...
Ebenfalls in Planung ist ein Ausflug mit einem Koala-Forscher, ein Freund von Luke, der uns mitnehmen moechte, um Koalas in freier Wildbahn zu entdecken. Natuerlich gibt es ueberall die Paerke, wo man Koalas und Kaenguruhs streicheln und fuettern kann, das moechte ich aber erst dann noch unternehmen, wenn wir keine wilden Tiere gesehen haben.

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