Freitag, 4. März 2011

Aufenthalt in Ulithi

Die Ankunft des Flugzeuges wird vom ganzen Dorf beobachtet. Der Flughafen ist voll von Leuten, die uns anschauen. Es ist ein komisches Gefuehl, so angestarrt zu werden. Wir sind ja da, um sie "anzustarren" - oder besser gesagt, kennen zu lernen - jetzt ist es umgekehrt. Einige begruessen uns, wir haben keine Ahnung, wer wirklich wichtig ist... Wir werden zu einem Pickup gefuehrt, wo Flurin vorne sitzt - ohne Gurt - und Livio hinten auf der Ladeflaeche. Beide koennen es kaum glauben, so Auto fahren zu duerfen!

Die 500 Meter zum Resort werden wir gefahren, dort werden wir mit Blumenkraenzen begruesst und koennen unser Zimmer beziehen. Wir richten uns ein, schlafen etwas, nehmen ein feines Mittagessen zu uns und geniessen den Blick aufs Meer und die Palmen.
Flurin und Livio baden, es kommt mir vor, wie wenn sie in der Badewanne waeren. Allerdings ist es kein Badestrand. Es hat viele Steine, Seegurken und unwegsame Plattformen. Die folgenden Tage liegen nur noch Spaziergaenge bei Ebbe drin. Die farbigen Fische sind auch nicht mehr hier. Die waeren wohl weiter draussen zu finden.Wir trinken eine erste Kokosnuss, frisch gepflueckt und bekommen Besuch von einheimischen Kindern, die nicht glauben koennen wie weiss unsere Haut ist.

Die folgenden Tage erholen wir uns von der Reise, gewoehnen uns ans Klima, leben ohne Uhr. Mit der Muedigkeit, die schwindet, waechst meine Mut und meine Neugier. Der Hotelbesitzer erklaert uns, dass die Leute sehr scheu seien und zum Teil kaum Englisch koennen. Also kann ich ja mutig sein! Wir erkunden die Insel, laecheln freundlich und winken. So entstehen Kontakte einfach. Mit den Kindern sowieso. DIE Frage lautet: Are they twins? Und schon ergibt das Eine das Naechste. Wir treffen so viele Leute und erfahren so viel ueber ihr Leben.

Livio und Flurin koennen sich endlich frei bewegen. Sie beginnen, mit "Nichts" zu spielen: Livio sammelt Blaetter und Blueten, tote Korallen und Muscheln. Damit bauen sie Strassen oder Museen mit Ausstellungen. Flurin entdeckt die Einsiedler-Krebse und spielt stundenlang mit diesen.

Zu essen gibts, was serviert wird. Beide Buben essen ploetzlich Dinge, die sie zu Hause nie gegessen haben. Die drei Frauen kochen sehr fein. Wir haben Vollpension, weil es keine Laeden gibt. Also essen wir wann es gibt und was es gibt. Sogar ich schaffe es, am Morgen Ruehrei und Speck zu essen!!! Flurin ist mutig im probieren. Beim Probieren bleibts dann allerdings meistens.

Auf der Insel gibt es etwa 500 Einwohner. Ein Grossteil davon sind Highschool-Schueler, die von vielen anderen Inseln hier bei einer Familie leben. Die Highschool hat Internet-Anschluss. Fuer die Einheimischen gibt es ein paar Orte, wo sie Gewisses beziehen koennen. Es gibt etwa 8 Autos (auch hier fahren die coolen mit dem Auto zur Highschool), eine Tankstelle mit Garage. Auf der einen Seite der Insel hat es immer noch Schrott vom 2. Weltkrieg.
Zu der Zeit wurden die Leute auf die Nachbarinsel geschickt und alles gerodet. Dann waren dort 10 000 Soldaten stationiert. Im ganzen Atoll waren hunderte von Kriegsschiffen bereit.

Neben der Highschool gibt es einen Kindergarten und eine Elementary School. Es gibt die Menshouses, wo junge, unverheiratete Maenner noch heute uebernachten. Die haben alle einen wichtigen Standort am Meer und sind fuer Ankommende gut sichtbar.
Alle haben rote Zaehne vom Bettelnuss kauen. Und alle spucken ueberall die Reste davon (eine rote Bruehe) auf den Boden. Die Frauen tragen ein gewobenes Tuch, ein Lavalava, und zumeist T-Shirts. Bei den Maennern tragen noch einige ihre Huefttuecher (thus).
Ueber die Tradition und Kultur koennen wir vor allem nachlesen oder uns erzaehlen lassen. Vieles ist aber nicht mehr so wie es ist. Die jungen Highschool-Schueler haben andere Vorstellungen und Ideen. Wenn Maedchen die Schule besuchen, sind sie weniger in der Familie eingebunden. Windeln sind auch hier praktisch. Elektrizitaet macht unabhaengig, man kann Vorraete anlegen.

Leider wurde nichts aus unserem Plan, eine andere Insel vom Atoll - Mogmog - zu besuchen. Dort leben sie viel traditioneller noch als auf Falalop. Es war dort ein mehrtaegiges Begraebnis im Gange, der Chief erlaubte keine Gaeste... Oder unser Mittelsmann war ein bisschen zu wenig an unserer Idee interessiert...
Unten: Rahel im traditionellen Lava lava

Am letzten morgen warten wir aufs Flugzeug. Irgendwann kommt die Info: es kann noch nicht fliegen, zu viel Wind. Wir warten, Flurin spielt mit den Einsiedlerkrebsen. Livio sammelt Blaetter. Irgendwann kommt die Info: das Flugzeug konnte starten. Wir werden zum Flugfeld gefahren und stehen nun mit allen einheimischen Leuten dort, beobachten den Anflug und mustern die Leute, die aussteigen. Unsere Kinder spielen mit allen anderen Kindern, die Post im Flughafengebaeude ist geoeffnet, es herrscht emsiges Treiben. Alle haben noch etwas, das auch mit dem Flugzeug mit muss. Waehrend wir noch warten, bis wir los koennen, bis geladen ist (was wieder der Pilot macht), werden es immer weniger Leute. Alle haben ihre Dinge abgeholt oder abgegeben. Nur ganz wenige sind noch dort. Und nun heisst es zum ersten Mal Abschied nehmen. Wie schnell doch Beziehungen entstehen...

Das Flugzeug startet, und wir sehen nochmals all die Leute ueberall aus dem Wald kommen und uns winken.

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